Sanfte Landung –
niedrige Zinsen

Der Ausblick auf Konjunktur und Kapital­markt treibt so manchem Anleger Sorgen­falten auf die Stirn: noch immer ­niedrige Zinsen und jetzt auch Angst vor Rezession. Es sind vor allem die wachsenden politischen Risiken, die das Zukunftsbild trüben.

 Umso wichtiger ist es zu wissen, mit welchen Maßnahmen Notenbanken und Politik versuchen gegenzusteuern. Einen Ausblick auf das Jahr 2020 gibt Ludovic Subran, der neue Chefvolkswirt der Allianz: „Wir sind in eine neue Phase eingetreten, die ich als antilibe­ralen Zyklus bezeichne“, sagt Subran zur aktuellen Lage am Kapitalmarkt. Damit umschreibt er all jene Einflüsse und Interventionen, mit denen Politik und Notenbanken dazu beitragen, eine globale Rezession zu vermeiden, und dadurch das freie Spiel der Marktkräfte erheblich verändern.  

REZESSION VERMEIDEN

Wenn Subran den Kurs der Weltwirt­schaft für 2020 skizziert, dann ist es eine flache Kurve mit einer Talsohle im ersten Quartal 2020. „Eine Situation, vergleichbar mit dem ‚muddle-through‘, also diesem ‚Durch­wursteln‘, das die wirtschaftliche Entwicklung der Jahre 2015 und 2016 sehr gut beschrieb“, so Subran. Seine Prognose für 2020: ein globales Wachstum von 2,4 Prozent. Das ist ein leichtes Minus zu 2019, als die Weltwirtschaft noch 2,5 Prozent zulegte. Die Abschwächung trifft alle großen Nationen: USA, Europa, China. Auch der globale Waren- und ­Dienst­leistungsverkehr wird nur noch um 1,7 Prozent wachsen – der ge­ringste Wert seit 2009. Wichtig sei aber, so Supran, dass bei den großen Konjunkturrisiken, etwa dem ­Handels­streit zwischen den USA und China oder dem Brexit, mehr Pragmatismus an den Tag gelegt werde, was die Rezessionsrisiken deutlich reduziere.

 

 

MEHR VOLATILITÄT

Mit Blick auf die Kapitalmärkte rech­net Supran mit mehr Volatilität und schwankenden Kapitalströmen – eine Folge der verstärkten Interventionen von Handels-, Geld- und Fiskalpolitik. Das Vertrauen der Märkte in die Institutionen hat weiter gelitten, die Angst vor Rezession ist groß. Dies zeigt sich beispielsweise in dem enorm ge­stiegenen Volumen in Staatsanleihen, das derzeit zu negativen Kursen gehandelt wird: 16 Billionen USD, das entspricht einem Viertel des gesamten gehandelten Marktvolumens und ist etwa dreimal so viel wie im Vorjahr. „Um Vertrauen zurückzugewinnen, müssen die Notenbanken stark sein und entschieden agieren“, sagt Supran. 

Er erwartet für 2020 drei Zins­sen­kun­gen in den USA und zwei der EZB. Auch bei der quantitativen Lockerung, also der Ausweitung der Geldbasis durch das Kaufen von Staats­anleihen durch die Notenbanken, erwartet er schon ab Frühjahr 2020 mehr Tempo.

AUF CHANCEN SETZEN

Für Anleger heißt das: Die Zinsen bleiben niedrig. Um auskömmliche Renditen zu erzielen, müssen Sparer verstärkt auf Anlagen mit mehr Risiko setzen. Von Vorteil ist, dass die Aktien­märkte trotz einer langen Phase steigender Kurse noch keine extremen Bewertungen aufweisen, es also noch immer Luft nach oben gibt. Auch die Beimischung von Schwellenländern und Unterneh­mens­anleihen in gut struk­tu­rierten Portfolios ist eine Option für mehr Rendite.